Beate Uhse undercover

Beate Uhse undercover.

Ein Beate Uhse Manager bei RTLs “Undercover Boss”.

Abgedreht vor diesem Insolvenz-Ding (das ja „nur“ die Holding betrifft und in Eigenregie stattfindet, wie der Uhse-Stab nicht müde wird, dauerzuwiederholen). Ausgestrahlt jedenfalls mit fadem Beigeschmack am 05. Februar 2018.

Undercover Boss ist ein TV-Format, bei dem Firmenchefs als Prakti getarnt im Unternehmen an die Front gehen und mal so richtig gründlich nachschauen, wo der Konzern besser werden könnte. Ein bisschen Geruch der Straße also. Und außerdem ist es ja wahnsinnig sympathisch, wenn der feine Herr Boss selbst mal die teuren Ärmel hochkrempelt und von seinem Fußvolk durch den Betrieb gescheucht wird.

Was einst Wallraff groß machte und anderen Konzernen zum Skandal gereichte (wie war das noch gleich mit Mitarbeiter-Bespitzelungen a lá Lidl & Co?) wird im Prime Time TV von RTL allerdings eher zu einer Marketing-Maßnahme für die Unternehmen, die mitmachen dürfen.

Undercover Boss: Famose Läden, herzige Mitarbeiter, großzügige Chefetagen

Denn das Prinzip ist eigentlich in allen zehn Staffeln und sämtlichen Episoden stets deckungsgleich: Egal, ob nun der Boss von Mister Minit, Zoo & Co oder eben der von Beate Uhse heimlich seine Angestellten durchleuchtet: Im Großen und Ganzen laufen die Läden natürlich famos und die geprüften Mitarbeiter könnten gar nicht glücklicher sein.

Der getarnte Boss trifft stets auf hochsympathische Angestellte, denen Fleiß und Identifikation schier aus den Ohren tropft. Im Zwiegespräch gestehen sie dem Undercover-Boss auf Nachfrage immerhin  minimale Missstände, die sie bislang mit ihrem Über-Engagement ausgleichen.

Klar, dass der Secret-Chef daran unbedingt etwas ändern will. Klar auch, dass er niemals auf einen unmotivierten Mitarbeiter trifft. Sie alle lieben ihren Laden, in der Uhse-Folge gab es sogar jemanden, der sich das Logo der Firma tätowieren ließ. Werbe-Herz, was willst du mehr?

Und obwohl es den Mitarbeitern schon so wunderbar gut geht, kommen sie am Ende noch einmal in der Firmenzentrale zusammen, damit der nun enttarnte Chef ihnen etwas schenken kann, das ihr Arbeitsleben noch perfekter macht als es sowieso schon ist.

Beate Uhse: zwischen siffigen Videokabinen und modernem Anspruch

Kein Wunder, dass ein angeschlagener Boxer wie Beate Uhse bei so einer Werbemaßnahme  mitmacht. Denn was hat man bisher nicht alles halbherzig versucht: Die Uhse-Läden in Prime-Lagen aufmotzen und hell ausleuchten. Beate Uhse mit einem frauenorientierten Konzept namens „Mae B.“ in Karstadt-Filialen platzieren.

Das einstige Logo relaunchen und aus Fettlettern und neckisch eingefärbtem „ea“ im Namen (=69, haha) filigrane Schreibschrift machen. Selbstverständlich in Pink und mit Herzchen. Und natürlich gefühlt alle paar Monate ein Management-Wechsel. Starkes Team. Starke Frau. Starker Mann. Usw.

Das alles hat nachweislich nicht viel genutzt. Und darum macht man jetzt also beim Undercover Boss mit – da kann man endlich mal das Image aufpolieren, den Fokus auf die herzigen Mitarbeiter lenken und vielfach wiederholen, dass die Insolvenz das Filialgeschäft ja ganz sicher und sowieso nicht betrifft.

Aber es zeigt sich genau, warum Uhse derart in Schieflage geraten ist. Warum das bekannteste und traditionsreichste Label der deutschen Erotikbranche seit Jahrzehnten vollkommen hilflos zwischen siffigen Videokabinen, oldschooligen Gummitoys und modernen Ansprüchen hin und her schippert.

Dazu reicht ein Blick auf Deutschlandchef Harald Piendl, der im Rahmen der Sendung  in die Rolle des Undercover-Boss schlüpft. Aber wie: Der eigentlich glatzköpfige Manager bekommt von der RTL-Maskerade eine Perücke aufgeklebt, die ihm fortan auf dem Schädel sitzt wie eine tote Katze. Dazu eine schmierige Lederweste und schon ist er fertig, der Uhse-Jobanwärter auf Probetag.

Hallo? Wollt ihr uns verarschen? Wer denkt sich so einen Aufzug aus!? Jeder seriöse Konzern würde einen solchen Schmiervogel volley nachhause schicken, weil man so einen sicher nicht den Kunden präsentieren möchte.

Piendl ist nicht weniger als ein Abziehbild dieser ekligen Typen, die man in schmuddeligen 80er Jahre Sexshops vermutet hat. Diese Kassen-Knechte, die ihre Kundschaft notgeil anlauern und um frivole Kommentare niemals verlegen sind. Jene Typen also, die immer noch einer der Gründe sind, warum sich auch heute noch viele Frauen kaum in Erotikläden trauen.

Es bleibt zu hoffen, dass sich die RTL-Redaktion diese Verkleidung ausgedacht hat und nicht der Uhse-Vorstand und Harald Piendl selbst. Denn das ließe wirklich extrem tief blicken.

Das steckt man sich doch wohl nicht rein?!

Noch erschreckender als der seltsame Look des Managers ist allerdings: sein Verhalten. Der Deutschlandchef von Beate Uhse scheint nicht den Hauch einer Ahnung von seinen eigenen Produkten zu haben. In einer Mischung aus beschämter Hysterie und großmäuliger Besserwisserei mäandert der Boss von Filiale zu Filiale.

Schließlich hält Piendl einen Massagestab mit Sound eines Presslufthammers in die Kamera und kommentiert das Gerät, das ihm offensichtlich nicht bekannt ist: „Das steckt man sich doch wohl nicht rein“. Echt jetzt, Boss Piendl?

In jeder Szene, in der sich der Manager mit einem neuen Produkt konfrontiert sieht, trieft ihm die Distanz aus der ollen Lederweste. Der Mann hat einfach nicht den Hauch einer Ahnung, was in seinen Läden verkauft wird. Möglicherweise doch vorhandenes Interesse überdeckt er flächig mit Witzchen über Unterwäsche, schamhaftes Entsetzen ob einer Bondage- Session und ahnungsloses Anstarren von Standard-Vibratoren.

Ein Eindruck wie dieser verrät vielleicht am besten, weshalb ein Traditionsunternehmen wie Beate Uhse fähig war, mit derart viel Anlauf frontal gegen die Wand zu fahren.

Nach dieser irrwitzigen Show drücken wir dem Konzern und seinen Mitarbeitern inständig die Daumen, dass Piendl deutlich mehr Ahnung von Zahlen als von der Produktwelt seines Arbeitgebers hat.

Dass derart fachfremde Führungskräfte in Traditionsunternehmen die Fäden ziehen, ist wahrscheinlich heutzutage nicht ungewöhnlich. Die mangelnde Authentizität des Uhse-Managers, seine Produktfremde und Distanz zum Brot- und Butter-Geschäft allerdings so platt zur besten Sendezeit zu präsentieren, ist ein Armutszeugnis, das Beate Uhse ganz sicher nicht helfen wird.

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