Sexshop

Männer, Frauen und der Sex(shop).

Toll! Revolution! Gesellschaftlich sexueller Ungehorsam!

Wie wäre unser Stadtbild, wenn Rentnerinnen sich, während sie an der roten Ampel warten, ausgiebig im Schritt kratzten? Wenn die Zahnarzthelferin in der Sauna breitbeinig daliegt und mit dem Mittelfinger die Schweißtropfen aus der Zwischenfalte ihrer Schamlippen schiebt? Und während sie gedankenverloren die Feuchtigkeit von ihrem Finger hinein in den Raum schnippt, zieht sich eine Mutter mit ihren beiden frühpubertierenden Töchtern an irgendeinem FKK-Strand ein Dosenbier rein. Und kichert sich lautstark durch die Schwanzgrößen der vorbei flanierenden Männer. Toll! Revolution! Gesellschaftlich sexueller Ungehorsam!

Und wie sieht’s in der Realität aus? Anders. Dosenbierpöbel und Schrittkratzen ist immer noch eine Männerdomäne. Die Mädels halten sich dezent zurück. Sie sind nämlich ganz Body-Shaming und gute Erziehung. Zumindest in der Öffentlichkeit. Beweise dafür gibt es reichlich, nicht nur am Straßenrand und in der Sauna, sondern ganz besonders: im Sexshop!

 

Geschlechterplattitüden von der Sexshop-Front

Da stehe ich tagtäglich seit bald 15 Jahren und kann euch Lieder davon singen. Nun muss ich vorab zugeben, dass wir im Laden immer aufs Neue lernen, dass die Menschen prinzipiell grundverschieden sind und individuelle Vorlieben haben. Trotzdem drängt sich eine Verallgemeinerung einfach auf. Ausnahmen mögen es mir bitte nicht übel nehmen!

Also: Im Sexshop kommt auf hundert flüsternde Frauen vielleicht ein flüsternder Mann, und der flüstert nur, weil seine flüsternde Freundin dabei ist. Dass die beiden überhaupt da sind, passiert meist auf seine Initiative hin. Vermutlich hat es ihn verdammt viele Überredungskünste gekostet, bis seine Herzdame endlich zugestimmt hat, gemeinsam ein solches Geschäft zu besuchen.

Sie liebäugelt dann überwiegend mit Massageölen oder maximal einem schnuckeligen Minivibrator. Er hätte gerne, dass sie sich einen Pornofilm aussucht, den zusammen anzuschauen für sie okay wäre. Und noch lieber: endlich einen kleinen Analplug zur vorbereitenden Dehnung, damit er irgendwann mal selbst ran darf, an ihren Südeingang. Da kann man auf gutes Gelingen schon mal mit der Lautstärke runter.

Auf fünfzig Kerle, die die Muschi ihrer Partnerin optimieren wollen – die hätten sie nämlich im Gegensatz zum Enddarm der Angebeteten meist gerne enger, kommt vielleicht ein halbe Frau, die den allabendlichen Penis verändern möchte. Genauer gesagt hatte ich in meiner kompletten Laufbahn exakt zwei Damen davon, mit zwei Wünschen:

Die erste fand den Schwanz ihres neuen Liebhabers derart zu klein, dass sie eine Penisverlängerung zum Darüberstülpen suchte. So Teile gibt es, man stelle sich eine Art dickwandiges Latexkondom vor, dessen vordere Zentimeter einfach massiv ausgegossen sind. Das bestellte ich ihr.

Die andere hatte gegenteiliges Problem und ein Produkt im Sinn, das wie ein sehr breiter und erhabener Cockring so an der Peniswurzel platziert werden konnte, dass ihr Freund weniger tief in sie eindringen konnte. Ein Schwängel Marke Gigantismus ist eben nicht zwangsläufig ein Geschenk. So einen „Reinvögelstopp“, wie die Kundin das Produkt nannte, gibt der Sexartikelmarkt leider nicht her. Verrückt, dachte ich, ist es doch ein Problem, was es bestimmt häufiger gibt.

Aber die Sexartikel dieser Welt sind überwiegend männererdacht, und dass ein schöner stattlicher langer Schwanz künstlich an seiner vollen Wirkungsbreite gehindert wird, kommt für Designer und Konstrukteure natürlich auf gar keinen Fall in Betracht.

 

„Was ist denn so dein ganz persönlicher Favourite hier?“

Aber zurück in den Sexshop. Wenn die werte Kundschaft mal Distanz vermissen lässt, ist sie für gewöhnlich männlich. „Was ist denn so dein ganz persönlicher Favourite hier?“ oder „Hast du diesen [großen Dildo] hier mal selbst drinne gehabt?“ sind typische Männerfragen. Dasselbe gilt für Körperkontakt. Der Verkäuferin die Hand auf den Unterarm legen, oder an die Taille tatschen. Auf die Idee kommen auch nur Männer. Frauen machen so was nicht. Niemals. Sie machen es anders: wenn eine Frau etwas möchte, schreibt sie hinterher eine E-Mail. Ob man Lust hat auf einen Drink, oder einen Dreier.

Bevor nun der Eindruck entsteht, dass Männer Schweine sind und bei mir im Sexshop meistens unangenehm auffallen: mitnichten! Ganz sicher sind Männer ganz anders als Frauen. Anstrengend sind sie aber eigentlich nur, wenn sie in Begleitung ihrer Mädels auftauchen. Das verlangt ihnen aber ja auch oft einen ordentlichen Spagat ab. Schließlich wollen sie den Laden MIT Pornofilm und MIT Frau verlassen.

Ansonsten sind männliche Kunden in der Regel höchst unkompliziert, sie wissen, was sie interessiert und was ihnen guttut. Und wenn sie ein Produkt spannend finden, ist die Entscheidung bereits gefallen. Technische Details beeindrucken sie, das Design des Objektes der Begierde ist dagegen eher wurscht.

Sieht sich eine Lady dagegen mit mehr als einer Farbgebung bei der Liebeskugel, die es werden soll, konfrontiert, geht sie darüber erst nochmal einen Kaffee trinken. Oder bemüht die Whatsapp-Gruppe ihrer Mädels-Clique.

Soll es dann noch ein G-Punkt-Dildo sein, wird der nach links und rechts gedreht, kritisch vermessen und mit sämtlichen Penisgrößen aller Ex-Affären verglichen. Einem Kerl sind ein paar Millimeter mehr oder weniger beim Durchmesser eines Prostata-Toys total egal. Es könnte Spaß machen, also wird es schon passen.

Na gut – und was sagt uns das?

Dass Frauen und Männer sich bei uns so grundverschieden verhalten, ist natürlich überhaupt nicht schlimm. Manchmal wundert es mich, oder ich amüsiere mich mit Kolleginnen darüber, oder schreibe diesen Artikel. Der wirklich erschreckende Punkt ein anderer, ein all dem zugrunder liegender: Die Emanzipation ist in Sachen Sex irgendwie noch nicht angekommen. Von Feminismus keine Spur!

Während die Herren meist cool mit sich und ihren Körpern sind, geniert sich so manche Frau lieber. Klar, so lernen wir es ja auch schon im Kleinkindalter. Der Bub hat ein tolles Pimmelchen, seine Schwester sollte dagegen auf ihr Röschen aufpassen. Später macht Quantität bei der Partnerinnenwahl ihn zum Superhengst. Sie wird beim ersten Anflug von Promiskuität zur Bitch. Da hat sich die letzten Jahre nicht wirklich etwas geändert.

Ohne Selbstbewusstsein und ohne Selbstachtung kann frau vom Schäferstündchen aber keine Wunder erwarten – und, ehrlich gesagt – auch nicht vom anderen Geschlecht. Wie soll euch jemand lieben, wenn ihr euch nicht liebt? Wie soll man im Dunkeln das Gleitgel finden? Und wie soll man gescheit vögeln, wenn man die ganze Zeit den Bauch einzieht?

Wo bleibt die Emanzipation im Schlafzimmer?

Und dann schlagen noch die Waffen der Frau zurück. Die meisten Männer machen Sex, weil es ihnen Spaß macht. Bei den meisten Frauen ist der Spaß eher ein optional optimaler Nebeneffekt. Denn Frauen machen Sex, um ihre Beziehung zu festigen. Es ist ein Instrument, und das zu spielen kann bedeuten, sich selbst ganz selbstverständlich zurückzunehmen.

Ich habe massenhaft sexuell unzufriedene Mädels kennengelernt, die sich trotzdem kaum trauen, ihren Partnern das zu sagen. Der könnte sie ja anstrengend finden, oder frigide. Wo bleibt die Emanzipation im Schlafzimmer?

Es ist beeindruckend, wie viele Ladies sich mit Jungs ein Bett teilen, die nicht in der Lage sind, eine Clit zu finden. Oder das nicht für nötig erachten. Weil das ja bei ihren Ex-Freundinnen auch nicht sein musste.

Cum as you are!

Was ist los mit Euch? Ob Mädel oder Bub, Ihr habt einen Körper, also benutzt ihn. Redet miteinander und macht Euch besser. Fordert Euch! Habt einfach beide Spaß, ob solo oder miteinander.

Und ob Ihr dann donnerlaut oder flüsterleise in den Sexshop kommt, das ist am Ende total egal!

 

 

Ein Kommentar

  1. Interessanter Artikel meine Frau und ich wollen auch anfangen demnächst mit einigen Dingen zu experimentieren, da wir sehr experimentierfreudige Menschen sind. Nur in diesem Millieu hatten wir es noch nicht gewagt. Der Abschnitt von Ihnen „Wo bleibt die Emanzipation im Schlafzimmer?“ hat uns den letzten Ruck gegeben, uns dazu zu entschließen einen Sexshop aufzusuchen.

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